Karneval – Narrenfreiheit und Tradition

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An Karneval steht die Welt Kopf, denn Närrinnen und Narren übernehmen vor allem in den Karnevalshochburgen im Rheinland oder in Mainz das Zepter. Sie erstürmen Rathäuser, halten Büttenreden und feiern kostümiert und maskiert auf den Straßen. Aber was ist Karneval überhaupt? Was wird gefeiert? Und was gibt es zu essen? 

Karneval, Fasching oder Fasnet

Was im Rheinland Karneval oder Fastelovend heißt, nennen die Bayern Fasching, die Rheinland-Pfälzer Fastnacht und die Menschen in Baden-Württemberg Fasnet. Der Ursprung dieser Bezeichnungen unterscheidet sich zwar, aber im Prinzip bedeutet es alles das Gleiche. Karneval kommt wahrscheinlich vom lateinischen carnelevale, was soviel wie das Wegnehmen von Fleisch bedeutet. Fastnacht bezeichnet die letzte Nacht vor der beginnenden Fastenzeit und Fasching stammt vom mittelhochdeutschen Wort vaschang ab und bezieht sich auf das Ausschenken des Fastentrunkes.

Am schmutzigen Donnerstag bekommen alle ihr Fett weg

Essen und Trinken spielen in der sogenannten fünften Jahreszeit also schon seit dem Mittelalter eine große Rolle. Denn Karneval ist das letzte Fest, bevor anschließend ganze 40 Tage lang nur spärliche Kost auf dem Speiseplan steht. 

Karneval bot deshalb vor allem in katholischen Gegenden noch einmal die Gelegenheit Fleisch und andere Leckereien zu genießen, Alkohol zu trinken und zu tanzen — bevor die karge Fastenzeit begann. Bezeichnungen wie fetter Donnerstag bezeugen, dass an diesen Tagen ausgiebig Fettiges gegessen wurde. Denn der Donnerstag vor Karneval war früher der letzte Tag, an dem noch geschlachtet werden durfte. 

Um das Fett sinnvoll zu verwerten, wurde es für die Zubereitung von Krapfen und anderer Leckereien verwendet. Aber auch Deftiges gab es reichlich, denn Verderbliches musste schließlich rechtzeitig vor dem großen Fasten aus den Vorratskammern verschwinden. Fleisch, Eier und Gebackenes war anschließend 40 Tage lang tabu. Kein Wunder also, dass die Menschen noch einmal ordentlich zulangen wollten.

Der Ursprung des Karnevals

Unsere heutigen Traditionen haben also einen religiösen Ursprung und Karneval steht auch zeitlich in direktem Zusammenhang mit dem Osterfest. Ostern wird stets am Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond gefeiert. Da die Fastenzeit zwar 40 Tage dauert, die Sonntage jedoch ausgenommen sind, beginnt die Fastenzeit heute genau 46 Tage vor Ostern – am Aschermittwoch.

Aber die Tradition, mit Masken oder lautem Geklapper den Winter zu vertreiben stammt sicherlich aus noch früherer Zeit. Durch Quellen lässt sich das zwar nicht belegen, aber es gibt Vermutungen, dass Römer oder Kelten ebenfalls ähnliche Feste feierten. Denn vor allem der Fasching in Bayern oder im Alpenraum ist weitaus urtümlicher. Maskierte Ungetüme und zottelige Wesen treiben dort ihr Unwesen und sollen den Winter vertreiben und den Frühling herbeirufen.

Der rheinische Karneval oder die Fastnacht in Mainz haben weitere Wurzeln, denn neben Verkleidungen aller Art gehören in diesen Regionen auch uniformierte Garden zur fünften Jahreszeit dazu. Während in Mainz die Franzosen spätestens ab der Französischen Revolution straffrei veräppelt wurden, waren es im Rheinland die Preußen. Denn der Karneval bot seit jeher Narrenfreiheit. Die Machtverhältnisse wurden umgekehrt und es wurde unverblümt Kritik geäußert.

Die gezügelte Narrenfreiheit

Diese Narrenfreiheit gab es schon seit dem Mittelalter. Doch im 19. Jahrhundert zügelte das Bürgertum die Ausschweifungen und lenkte das wilde Treiben in geordnete Bahnen. Karnevalsgesellschaften entstanden und feste Strukturen traten an die Stelle ungezügelter Anarchie.

An Karneval stehen die Machtverhältnisse dennoch Kopf. Die Anarchie ist zwar einem strengen Regelwerk gewichen, aber auch heute stürmen die Narren an Weiberfastnacht die Rathäuser und übernehmen symbolisch die Macht für die nächsten Tage.

Karneval beschränkt sich übrigens nicht nur auf den sechstägigen Straßenkarneval. Schon ab dem 11.11. startet die neue Karnevalssession. Während es im Advent und in der Weihnachtszeit wenige Karnevalsfeierlichkeiten gibt, beginnt meist ab dem 6. Januar der Sitzungskarneval. In großen Sälen feiern die Jecken Kappensitzungen mit Büttenreden und Musik – und dem oft obligatorischen Männerballett. Über das Geschehen wacht im Rheinland streng der Elferrat, der Orden verteilt und das Publikum anheizt.

Frauen an die Macht – zumindest für einen Tag

Die herrschenden Machtverhältnisse wollten im Jahr 1824 auch einige Frauen umdrehen – zumindest für einen Tag. Die Tradition, dass am Donnerstag vor Rosenmontag die Frauen das Zepter in die Hand nehmen geht wahrscheinlich schon auf das Mittelalter zurück. Aber dennoch war Karneval bis dahin eine rein männliche Angelegenheit. Deshalb gründeten die Bonnerinnen kurzerhand ihr eigenes Frauenkomitee. Die Weiberfastnacht war geboren und bildet seitdem den Startpunkt für den Straßenkarneval. Schlipse werden übrigens erst seit 1945 abgeschnitten. 

Allerdings sei am Rande erwähnt, dass Frauen in den traditionellen Karnevalsvereinen bis heute wenig zu sagen haben – höchstens als Funkenmariechen. Das ist allerdings erst seit dem Nationalsozialismus so. Denn auch Funkenmariechen wurden früher von Männern gespielt. 

Masken und Verkleidungen – und eine Spur Satire

Ist es nicht toll, einmal in eine andere Rolle zu schlüpfen und sich hemmungslos als Flamingo oder Wolkenkratzer zu verkleiden? Masken und Verkleidungen gehören zu Karneval ebenso dazu, wie die traditionellen Fastnachtsumzüge, die von fantasievoll bis äußerst politisch daherkommen. Vor allem der Düsseldorfer Rosenmontagsumzug nimmt jedes Jahr aufs Neue das aktuelle Weltgeschehen aufs Korn – satirisch und kreativ.

Die Närrinnen und Narren feiern die vorbeiziehenden Wagen mit einem Narrenruf. Der lautet in Düsseldorf Helau und in Köln Kölle Alaaf. Dabei regnet es Kamellen, jede Menge Süßigkeiten oder Strüßjer, und kleine Blumensträußchen. Und natürlich wird gebützt und das ein oder andere Glas geleert.

Von halben Hähnen, Krapfen und Traditionsgetränken

Kulinarisch ist Karneval fettig, deftig und süß. Neben Krapfen kommen traditionell auch Kutteln oder Schnecken auf den Tisch. In Köln servieren Gastronomen Traditionsgerichte wie Himmel un Äad und Halver Hahn, was ganz unspektakulär ein simples Käsebrötchen ist.

Und natürlich werden alkoholische Getränke genossen: In Köln gibt es Kölsch, ein helles, obergäriges Bier, das in den sogenannten Stangen ausgeschenkt wird. In Düsseldorf trinken die Närrinnen und Narren Alt und in Mainz auch gerne Wein. 

Am Aschermittwoch sorgt das traditionelle Fischessen für die richtige Nährstoffzufuhr nach den tollen Tagen. Wer Karneval feiern will sollte seine Diätpläne angesichts der reichhaltigen Kost lieber auf Eis legen. Denn es hagelt nicht nur Kamellen, sondern auch eine Menge Kalorien. Aber die anschließende Fastenzeit bietet schließlich genügend Gelegenheit für Verzicht.

Karneval anderswo

Karneval ist jedoch keineswegs nur eine rheinische Tradition. Auch anderswo wird gefeiert. Vor allem in Südamerika sind die Feierlichkeiten beliebt. Am bekanntesten ist der Karneval in Rio: Den Höhepunkt bildet die Parade der Sambaschulen in prächtigen Kostümen.

Auch Venedig ist bekannt für seine eleganten und opulenten Karnevalskostüme, die ganz in der Tradition der Comedia del Arte stehen. Und auch in New Orleans feiern die Menschen: Die große Parade am Mardi Gras erfreut sich jedes Jahr großer Beliebtheit.

Im Süden Deutschlands, in Österreich und der Schweiz unterscheidet sich die Fastnachtstradition ebenfalls deutlich von der rheinischen. Die alemannische Fasnet ist urtümlicher und archaischer. Im Vordergrund steht die Vertreibung des Winters durch Masken und Lärm. Zeitlich aus der Reihe fällt der Basler Karneval, der am Montag nach Aschermittwoch um vier Uhr morgens mit dem Morgenstreich beginnt. Trommler und Flötisten, die sogenannte Guggenmusik, ziehen unüberhörbar durch die stockdunklen Straßen Basels.

An Aschermittwoch ist alles vorbei

Beim deutschen Karneval ist an Aschermittwoch Schluss mit lustig. Die Ausschweifungen finden ein Ende und die Fastenzeit beginnt. In vielen Orten wird der Karneval ganz bildlich zu Grabe getragen. In Köln wird der Nubbel in Form einer Strohpuppe verbrannt und in Düsseldorf der Hoppewitz. Aber schon im nächsten Jahr wird er am 11.11. wieder quicklebendig aus einem Senftopf springen, eine Rede halten und die neue Karnevalssession einleiten. Helau und Alaaf!

20/02/2020 Avatar
Caro